Durch die Infrastruktur-Brille gesehen

Im Februar 2013 kam ich mit Lagervogt Gerte über das Thema Organisationsstruktur von Großlagern ins Gespräch. Einige Jahre zuvor habe ich die Aufgabe des Sprechers der Lagerleitung für ein VCP Bundeslager  ( 5.000 Teilnehmer) übernommen. Als Gerte mich über den damaligen Planungsstand des Meißnerlagers informierte, hatte ich die Befürchtung, dass es mit so wenig Vorlaufzeit es niemals gelingen würde, ein Zeltlager in dieser Größenordnung zu organisieren. Noch dazu unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und Eigenarten von mehr als 50 unterschiedlichen Bünden. Einige Tage später habe ich mir den Lagerplatz angesehen und die Fläche  erschien mir gemessen an unserem Platzbedarf (ca. 12 Hektar bezeltbare Fläche ) als deutlich zu klein. 

Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine sanitären Anlagen, nur eine wage Anfrage bei VCP/BdP, die über gemeinsam beschafftes Großlagermaterial verfügen. Viele Funktionen in der Organisation waren noch nicht besetzt, es gab zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal eine Organisationsstruktur. Gerte und ich haben dann gemeinsam das Lagerleitungskonzept des VCP Bundeslagers 2010 als Rahmenplan verwendet  und ein erstes Organigramm daraus gebastelt.

Was ich dann in einem gemeinsamen Kraftakt aller Beteiligten erlebt habe, hat mich wirklich begeistert. Mitarbeiter aus den unterschiedlichsten Bünden haben in relativ kurzer Zeit dieses Lager aus dem Boden gestampft und ich bin bis heute von Gertes Gelassenheit beeindruckt, der eine große Last im Infrastrukturbereich getragen hat und es immer wieder verstand, seine Mitarbeiter zu motivieren. Und ich habe mich schwer geirrt: der Lagerplatz war nicht zu klein.

Meine erste Aufgabe bestand darin, das Bundeslagermaterial von VCP/BdP zu sichten, auszuwählen und die Modalitäten für das Ausleihen  zu klären. Das ist gar nicht so einfach, weil eine Menge Leute ihre Zustimmung geben sollten und auch die Technikteams beider Verbände erst ein mal davon überzeugt werden mussten, dass sie ihr Material in einwandfreiem Zustand zurück bekommen. Darüber hinaus musste eine Art Vertrag für das Ausleihen erstellt werden und der Transport von zwei 40 Fuß Überseecontainern war zu organisieren.  Nach unzähligen Gesprächen, Mails und Telefonaten wurde dann zwei Container mit Waschstellen für 3.000 Personen, mit Abwasserrohren und Großzelten vom BdP Bundeszentrum  Immenhausen bei Kassel nach Frankershausen auf die Reise geschickt.

Neben dieser Aufgabe habe ich mich entschieden, in der technischen Kommunikation mitzuarbeiten und im Krisenfall dem Lagervogt als Fachberater zur Verfügung zu stehen. Zusätzlich zu Fridolins Konzept der Lagerfeuerwehr und der Sanitätsstation haben wir organisatorisch einen Krisenstab für außergewöhnliche Lagen vorgehalten, der auch zu zwei Ereignissen zusammen getreten ist.

Als „Lagezentrum“ stand uns ein schwarzes  Hauszelt 8 x 4 m aus Kothenstoff vom VCP zur Verfügung. Der Vorteil dieser Zeltkonstruktion ist ein komplett regendichtes Dach und Fensteröffnungen für Tageslicht. Trotz der,  für ein überbündisches Lager befremdlichen Zeltkonstruktion, fügt sich das Zelt hervorragend in eine Schwarzzeltlandschaft ein. Hier waren Kopierer, Funkstation, Rechner und andere technische Geräte untergebracht. Unsere Leitstelle war ans Lagerbüro angeschlossen und 24 Stunden am Tag besetzt.  Es gab eine Behörden-Funkverbindung zu Polizei und Feuerwehr sowie eine Betriebsfunkanlage mit etwa 100 Handfunkgeräten für die verschiedenen  Bereiche. Auf sechs unterschiedlichen Kanälen wurde gefunkt, was das Zeug hielt. Die Einsatzkräfte von Lagerfeuerwehr und Sanitätsstation waren über eigene Funkalarmempfänger alarmierbar. Wir hatten die Genehmigung, auf dem Hohen Meißner eine Relaisfunkstelle zu betreiben, so war auch der Funkverkehr zum etwa 12 Kilometer entfernten Waldparkplatz möglich.
Das Lagezentrum bot genügend Platz, die täglichen Lagerleitungsrunden abzuhalten und auch die Gruppe Tabubruch konnte diesen Raum für die Zusammenarbeit mit der Lagerleitung oder der Polizei vor Ort nutzen.

Neben dem täglichen Sprechfunkverkehr, insbesondere für Lagerleitung und den Verkehrsdienst gab es kaum nennenswerte Ereignisse oder Störungen.  Der Dauerregen von Freitag auf Samstag hat uns auf den Außenparkplätzen vor erhebliche Probleme gestellt, da sich nachts Fahrzeuge festgefahren hatten und wir eine Verschlimmerung der Lage befürchten mussten.  Mit Hilfe eines Unimogs und zweier  Geländewagen ist es aber gelungen, die Parkplätze ohne Komplikationen zu räumen. Bedauerlicherweise ist es zu einigen Unfällen, zum Glück nur mit Blechschäden,  gekommen.

Die heimliche Verteilung einer Satireschrift während des Festaktes hat zu einiger Verwirrung geführt, da der Lagerleitung nicht offensichtlich  war, mit welcher Intension dieses Heft herausgegeben wurde und die Abbildung einiger Symbole in unserem Land verboten ist. Die Hefte wurden kurzer Hand eingesammelt, so weit man sie sicherstellen konnte.

Art und Umfang der weiteren Ereignisse waren gemessen an den Erfahrungen bei  anderen Großlagern sehr gering und sind insgesamt nicht besonders erwähnenswert. Dennoch halte ich den betriebenen Aufwand für gerechtfertigt, wenn man sich auf außergewöhnliche Ereignisse wie Stürme etc. zumindest organisatorisch vorbereitet.  Ein schlüssiges Sicherheitskonzept macht es den Genehmigungsbehörden auch wesentlich leichter, einen Stempel unter einen Antrag auf Genehmigung eines Großlagers zu setzen.

Besonders gut hat aus meiner Sicht die Verkehrsorganisation geklappt. Das ausgefeilte Konzept von Gregor hat zu keinen größeren Engpässen bei der An- und Abreise geführt und die Meckerei von uneinsichtigen Verkehrsteilnehmern war deutlich geringer, als angenommen.

Neben den großartigen Leistungen der beiden Lagervögte Gerte und Kani, hat mich die tolle Stimmung im Aufbauteam nachhaltig begeistert. Die Zentralverpflegung für Mitarbeiter war richtig gut und die Dusche im Orga-Lager war ein gern angenommener Luxus bei zwei Wochen Lagerbetrieb im Herbst. 

Dass dann neben dem erfolgreichen Lager auch noch der Abbau ohne unüberwindbare Schwierigkeiten vollzogen wurde, war eigentlich die Krönung dieses Meißnerlagers. Eine tolle Leistung von vielen helfenden Händen und einigen Menschen, die vermutlich weit über sich hinaus gewachsen sind.

Die nachhallende Kritik an der Lagerleitung im Anschluss an das Lager, habe ich nicht verstanden. Ironie und Sarkasmus haben hier eindeutig die Falschen getroffen, die sich mehrere Jahre mit besonderem Engagement für die Durchführung des Lagers eingesetzt haben. Aber wie so oft im Leben kommt dieser Spott von Leuten, die sonst wenig Konstruktives beizusteuern haben.  Es bleibt ein fader Beigeschmack für ein sonst gelungenes Lager. Gelungen zumindest aus der Sicht durch die technokratische Brille der Infrastruktur, denn vom eigentlichen Lager habe ich aufgrund der Aufgabenfülle leider nicht so viel mitbekommen.

 

Löffel
VCP Northeim/Bz. Homburg