Aus der Ferne vermittelte das Lager ein eindrucksvolles Bild. Gigantische Schwarzzeltgroßbauten vom imposanten Lagertor bis zur Lagerkathedrale, 1963 war bereits eine Kohtensauna etwas Besonderes. Sie stand damals noch im Lager auf der Hausener Hute, da wo auch 1913 der Meißnertag stattgefunden hatte. Dieser legendäre Platz war für das Lager 2013 nicht mehr zugänglich, was mit einem Verlust an Authentizität verbunden war, die durch die Fackelwanderung zum Festakt nur mühsam eingeholt werden konnte.

Überhaupt scheint mir, der als fünfzehnjähriger Pfadfinder am Meißnertag 1963 nicht nur teilgenommen, sondern ihn auch tätig mit vorbereitet hat, dass die bündische Jugend an Authentizität verloren hat. Das ist vielleicht zu bedauern, ihr aber nicht vorzuwerfen, denn der versperrte Lagerplatz ist nur ein Symptom für eine veränderte Welt, in der sich bündisches Leben zurechtfinden muss. Wenn es heute kaum noch möglich ist, auf Fahrt am offenen Lagerfeuer zu kochen, oder wenn die Pfadfinder ihre Gruppenführer zertifiziert ausbilden müssen, damit sie mit einer Gruppe auf Fahrt gehen dürfen, sind das Einschränkungen, die nicht wenig am Bündischen kratzen. Und vom Ärgernis der Bildungspolitik mit G8 und Bolognaprozess, die Jugendarbeit in allen Bereichen massiv behindert oder gar verhindert, war im Festakt die Rede.

Gleichwohl hat sich die Bündische Jugend, auch da wo sie sich gegen wohlfeile Zeitströmungen stellte, stets innerhalb ihres zeitgenössischen gesellschaftlichen Umfeldes „bewegt“. Das war 1913 so, da die neue Jugendbewegung eine Erscheinung des Bildungsbürgertums war, wie es Franz Walter in der FAZ (Nr. 131, 10.06.2013) dargestellt hat. Das war 1963 nicht anders, da Helmut Gollwitzer seine bedeutende Rede hielt, die bis heute kaum an Geltung verloren hat. Er grüßte den damals 88-jährigen „alten Löwen“ Gustav Wyneken, der 1963 ferngeblieben war, weil er befürchtete, dass die Jugend „für den nächsten Heldentod abgerichtet“ werden sollte. Heute stehen die Abrichtung der Jugend und ihre „Selbstoptimierung“ in einer neoliberalen Anspruchswelt im Raum, wodurch sich allseits lebensfeindliche Zwänge ergeben. Dieser Bedrängung die Meißnerformel von 1913 entgegenzuhalten, zeigt, dass sich die bündische Jugend zumindest in ihrem Anspruch authentisch geblieben ist. Es zu leben, erhält sie stark.