Mosaik auf dem Meißner. Unser Bund speist sich besonders aus seiner Vielfalt — nicht nur Stile und Symbole, auch unterschiedliche Ideen, Einstellungen, Meinungen zu der Frage, wie wir Jugendbewegung und Pfadfindersein in den Stämmen und Gruppen leben, machen unser Bundesleben aus. Diskussionen und Kontroversen gehören dabei zu unserem Selbstverständnis. Unterschiedlichste Meinungen Ideen und Einstellungen trafen zusammen, als ein Initiativkreis des DPBM sich grundlegende Gedanken darüber machte, mit welchen Inhalten und Formen der Bund das Meißnerlager mitgestalten könnte. Schnell wurde deutlich: Unsere Beteiligung würde sich nicht in Einzelbeiträgen der Gruppen und Stämme erschöpfen. Wir wollten einen Raum der Begegnung für und mit Menschen aus anderen Bünden schaffen, damit wir ihre Einstellungen, Ideen und Meinungen kennenlernen könnten. Wir wollten gemeinsam einen Ort schaffen, an dem Menschen aus anderen Bünden den DPBM in seiner Vielgestaltigkeit kennenlernen könnten. Und wir wollten etwas bewegen.

Es fand sich ein Kreis von Menschen, die bereit waren, unsere noch vagen Wünsche und Vorstellungen in die Tat umzusetzen. So entstand eine Ausstellung, die sich in der und durch die Dynamik des Meißnerlagers in einen solchen Ort verwandeln konnte. Die Stationen und Exponate der Ausstellung repräsentierten die Angelegenheiten, von denen wir vermuteten, sie wären nicht nur in unserem Bund oft heiß umstritten. Sie sollten jeden Besucher auffordern, sich aktiv mit Kopf, Hand und Herz mit strittigen Umständen auseinanderzusetzen und sich dabei zu positionieren. Provokationen ließen sich, so glaubten wir, auf einem solchen Lager nicht vermeiden. Im Gegenteil. Wir setzten auf sie, um das Nachdenken und Diskutieren anzuregen und lebendig zu halten. Unsere Neugier auf die Einschätzungen anderer jungen Bünde und Gemeinschaften spielte dabei ebenso eine Rolle. Wir verpackten große Themen in konkrete Fragen und Spiele: Gibt es einen geographischen Schwerpunkt bei der Verteilung von Lebensbünden und U-25-Bünden? Sehen wir die Jugendbewegung als politisches Organ oder als zweckfreie Gemeinschaft an? Welche Stile und Symbole sind (noch) en vogue? Haben wir Idole? Ikonen? Vorbilder? Und nicht zuletzt: Wie streng halten wir es mit uns selbst – wie verläuft die bündische Gradwanderung zwischen Askese und den Konsumsünden des Alltags? Wie viel Selbstbeweihräucherung einer Bewegung mit dieser Vergangenheit und Gegenwart ist angemessen?

Per Anziehpuppe, Selbstbeweihräucherung, interaktiven Karten, einem Altar der Jugendbewegung, einem „Schwarzbuch der Jugendbewegung“, einer Maschine zum Basteln von Singerunden, Abstimmungsrohren, einem Beichtstuhl und einer verruchten „Schmuddelkohte“ gaben wir Anstöße zu Diskussionen, forderten auf, zu sündigen und zu beichten, zu gestalten und zu zerstören, abzustimmen und anzuzünden, zu betrachten und zu konsumieren, zu lachen und zu streiten.

Die Auseinandersetzung des Einzelnen sollte in einem offenen Raum geschehen. In der Mitte einer großen Jurte war eine „gläserne Kohte“ platziert, die als offener Raum für Begegnungen und Diskussionen dienen sollte und auch genutzt wurde. Rundherum, frei zugänglich und doch abgeschlossen, lagen die einzelnen Stationen. Lediglich die „Schmuddelkohte“ war ein völlig abgeschiedener, separierter Raum, in dem das Ausprobieren der eigenen jugendbewegten Grenzen mit Schnaps, Wein, Schminke und Zigaretten möglich wurde. Grenzüberschreitung oder Normalität? Stilbruch oder angemessen?

Auf diese wichtigen Fragen des bündischen Lebens konnten wir in fünf Tagen nur begrenzte Antworten finden. Klar wurde: Vieles ist und bleibt strittig. Viele Themen trafen einen Nerv. Eine kritische Auseinandersetzung mit vielen Aspekten wurde begrüßt, ebenso wie die Räume und die Offenheit für eigene Auseinandersetzung und eigene Urteile. Vieles wurde mit großer Ernsthaftigkeit diskutiert, vieles zum Glück ohne. Dogmatischen Einstellungen begegnete man nur selten — das Kennenlernen, die Begegnung und die Offenheit für Andersartigkeit standen an erster Stelle.