Drei Tage lang waren wir, Carsten und ich mit unseren Söhnen Theo (4 ½ ) und Anton (1 ½ ) auf dem Meißner und durften an diesem beeindruckenden Erlebnis teilhaben. Ein wenig bedauere ich, dass wir wegen der Kinder nicht mehr vom Lagergeschehen mitbekommen haben. Daher sehe ich mich auch nicht in der Lage, einen umfassenden Bericht über dieses größte bündische Lager für lange Zeit zu schreiben. Doch ich kann einen Rückblick auf das Lager vor 25 Jahren geben und einen Vergleich damit ziehen – zumindest was meine persönlichen Eindrücke angeht. Was waren meine Eindrücke 1988? Vorweg sei gesagt, dass ich damals erst 14 Jahre alt war. Ich versuchte gerade eine Gruppe zu gründen. Meine Wahrnehmung des Lagers war dadurch geprägt, dass ich sehr vereinzelt war. Die anderen Älteren der „Regenpfeifer“ hatten mich ziemlich im Stich gelassen. Das Lager war damals in achtzehn kleinere Zentren unterteilt. Unser Zentrum war die „Heckenuni“, eine Bildungseinrichtung in der Natur sollte es sein. Der Beitrag von uns Großen Jägern dazu war das Aufstellen einer Dreierjurte. Das Programm in ihrem Inneren bestritten andere. Von verschiedenen Lesungen ist mir nur die eines bündischen Widerstandskämpfers im Dritten Reich, „Das Stigma“ von und mit Paulus Buscher, in Erinnerung geblieben ist. In und um die anderen Jurten gab es eine Vielzahl von Angeboten. Man konnte aus Kupferblech Figuren aussägen, um sie sich auf die Kluft zu nähen, hölzerne Löffel schnitzen, Volktänze lernen und es gab eine für mich geheimnisvolle Arbeitsgruppe über das „Glasperlenspiel“, einen Roman von Hermann Hesse. Die Angebote waren vielseitig und oft anspruchsvoll, manches erschien mir merkwürdig oder auch rückwärtsgewandt.
Spannend war es allemal, doch leider blieb ich damals oft sehr am Rand. Wenn meine Erinnerung mich nicht täuscht, gab es seinerzeit auf dem Lagerplatz genau einen Kinderwagen (mit Kind darin natürlich), und vielleicht eine handvoll Kleinkinder unter denen, die auch über Nacht blieben. Da wir 2013 nun selbst zwei kleine Jungen haben, fiel mir sofort auf, wieviele junge Familien ganz selbstverständlich überall dabei waren, die meisten wohl auch über Nacht, so wie wir. Vielleicht ist es eine Folge davon, dass Mädchen und Frauen längst eine Selbstverständlichkeit in den Bünden sind, und dass es heute wohl mehr Paare geben wird, die sich im bündischen Rahmen kennengelernt haben. 1988 konnte man sich in vielen Bünden noch daran erinnern, dass es einmal eine Zeit ohne Mädchen gegeben hatte, für unseren Bund endete sie erst 1978, bei den Luchsen 1971. Was war 2013 anders? Zunächst einmal gehörten wir Großen Jäger dieses Mal nicht zu den offiziell teilnehmenden Bünden, weshalb wir auf die oberhalb des Hauptlagers liegende Gästewiese verwiesen wurden. Zunächst dachte ich, dass wir dadurch zu einer Art Zaungast werden, doch ich kann nicht behaupten, dass es sich im weiteren Verlauf so anfühlte. Auch im Erscheinungsbild war das Gästelager eindeutig bündisch geprägt. Nur drei kleine Igluzelte versuchten, sich zwischen den Büschen zu verstecken, ansonsten gab es Schwarzzelte, darin ganz normale Schwarzzeltvölker.
Das Lager selbst war dieses Mal in nur wenige große Foren unterteilt. Die inhaltliche Vorbereitung des Lagers fand in diesen Foren statt. Was mir im Lageralltag angenehm aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass ich mir eigentlich nie besichtigt vorkam. 1988 war das hingegen oft der Fall, vor allen Dingen als an dem abschließenden Wochenende immer mehr alte Bündische direkt aus ihrem Alltagsleben ins Lager kamen und sich den Betrieb anschauten. Dieses Mal ist mir nur selten jemand aufgefallen, der sich nicht ohne Bruch in das Lagerleben eingefügt hätte. Der eigentliche Festakt hat mir gut gefallen. Die Geschichte der Jugendbewegung wurde im Wechsel von kürzeren Reden und dazu passenden Liedern vorgetragen, und zum Schluss gab es viele Fackeln und ein großes Feuer. Der Festakt von 1988 war dagegen weniger nach meinem Geschmack. Endlos lange Reden, nach denen es die Jugendbewegung ohnehin schon nicht mehr gab. Auch wenn sie im Rahmen der Gesellschaft bei weitem nicht mehr die Bedeutung hatte, wie Anfang des 20. Jahrhunderts oder in dessen Mitte, finde ich es doch ziemlich abstrus, mitten in einem Großlager die ausrichtende Bewegung für tot zu erklären. Und das nächste Mal? Ich hoffe, dass ich dann wieder dabei sein kann, und ich hoffe, dass ich dann vielleicht nur zehn Jahre älter bin und nicht 25. Es spricht doch eigentlich nichts dagegen, ein solches Jubiläum in Zehnerschritten zu feiern, oder?